Braunschweig/Hannover (epd). Immer mehr Menschen im Rentenalter sind auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen. Ende des ersten Quartals haben rund 684.000 Menschen Grundsicherung im Alter bezogen, wie aus aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe darüber berichtet. Die Landesarmutskonferenz in Niedersachsen fordert tiefgreifende Konsequenzen.
Gegenüber Dezember ist das ein Anstieg um rund 25.000 Menschen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um rund 90.000 gestiegen. Besonders häufig sind Frauen von Altersarmut betroffen. Zuletzt waren sechs von zehn Beziehern der Grundsicherung im Alter weiblich, hieß es.
Die Hilfe können Menschen im Rentenalter beantragen, wenn die Einkünfte nicht für den eigenen Lebensunterhalt reichen. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt alten Menschen mit einem Einkommen unter 924 Euro, Ansprüche auf Grundsicherung prüfen zu lassen. Seit dem vergangenen Jahr können auch ukrainische Geflüchtete im Rentenalter einen Antrag stellen.
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch, bezeichnete die Zahlen als «alarmierend». Jedes Quartal kämen Menschen in der Größenordnung einer Kreisstadt bei der Altersarmut dazu, sagte er den Funke-Zeitungen. Inflation und Krieg würden die Zahlen besonders antreiben. Neben Ukraine-Flüchtlingen seien es vor allem die Rentner hierzulande, die die steigenden Preise nicht mehr bezahlen könnten und in Altersarmut rutschten.
Bartsch forderte «eine konsequente Anti-Inflationspolitik in Deutschland». Er sprach sich für Preissenkungen und lückenlose Preiskontrollen vor allem bei Lebensmitteln und Energie aus. Zudem forderte Bartsch eine einmalige Rentenerhöhung von zehn Prozent als Inflationsausgleich, ein Rentenniveau von 53 Prozent und «eine Mindestrente von 1.200 Euro als Schutzschirm gegen Altersarmut».
Für die Landesarmutskonferenz in Niedersachsen mit Sitz in Hannover erklärte ihr Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze: «Altersarmut findet jetzt konkret in der Mitte unserer Gesellschaft statt, mit erschreckender Dynamik.» Dazu komme eine hohe Dunkelziffer, weil viele Menschen ihre Ansprüche aus Scham oder Unkenntnis nicht wahrnehmen würden.
Auch Gleitze forderte armutsfeste Renten, dazu eine Bürgerversicherung, eine höhere Beitragsbemessungsgrenze sowie eine Erhöhung der Grundsicherung um 200 Euro. Wie Bartsch sprach er sich außerdem dafür aus, die Lebensmittelpreise abzusenken: «Ein erster sozialökologisch sinnvoller Ansatz ist die Streichung der Mehrwertsteuer bei Obst und Gemüse.»