Weil die Gema saftige Rechnungen für Musik an die Organisatoren der Weihnachtmärkte schickt, gehen einige Kommunen auf die Barrikaden. Sie wollen die Kostensteigerungen nicht hinnehmen und drohen mit «stillen Weihnachtmärkten».
Braunschweig/Oldenburg/Hannover (epd). Die Städte Braunschweig und Oldenburg drohen mit «stillen Weihnachtmärkten», weil die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) ihre Gebühren für den Auftritt lokaler Chöre oder Gruppen drastisch erhöht habe. Braunschweig sprach von einer Kostensteigerung um das 15-Fache, der die Stadt Oldenburg rechnete bereits mit dem 20-Fachen. Die Landeshauptstadt Hannover berichtete auf Nachfrage von einer Kostensteigerung allein für das vergangene Jahr von 9.500 Euro auf 45.000 Euro.
Die Gema weist die Vorwürfe zurück und verweist auf ein zwölf Jahre altes Urteil des Bundesgerichtshofs (I ZR 175/10), das die Berechnungsgrundlage für den für alle Märkte geltenden Tarif definiere. Dieser sei bereits 2018 verhandelt worden, jedoch erst nach der Corona-Pandemie umfassend angewandt worden.
Der Tarif für solche Stadtfeste werde mit Branchenverbänden verhandelt, teilte die Gema auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Die Verhandlungen habe in diesem Fall die Bundesvereinigung der Musikveranstalter, deren Mitglied auch der Deutsche Städtetag ist, übernommen. Der vor fünf Jahren ausgehandelte Tarif sei «weder verändert noch angepasst» worden.
Der Bundesgerichtshof hatte 2011 bestimmt, dass die Höhe der Vergütung auch bei Freiluftveranstaltungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche zu bestimmen ist - gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand (Az.: I ZR 175/10). Dies sei «nicht als willkürlich und unangemessen anzusehen», betonten die Richter. Oldenburg und Braunschweig hatten argumentiert, die Chöre beschallten von der Bühne der Weihnachtsmärkte aus nur einen kleinen Teil der Märkte und nicht die ganze Fläche.
Weiter betonte eine Sprecherin der Gema, dass inzwischen die von den Städten gemeldeten Flächen mit modernen Hilfsmitteln neu vermessen werden. «Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt.» Diese haben allein schon aufgrund der Gleichbehandlung aller Kundinnen und Kunden bei der Berechnung der Lizenzhöhe berücksichtigt werden müssen. Darum sei es in Einzelfällen zu höheren Gebührenforderungen gekommen. «Eine Preissteigerung als solche gibt es also nicht.»
Für die Weihnachtsmärkte im Jahr 2022 habe die Gema rund 3.350 Rechnungen versandt, hieß es weiter. Davon seien rund 35 aufgrund signifikant gestiegener Lizenzkosten reklamiert worden. In diesen Fällen habe die Gema Gespräche aufgenommen und bereits eine angemessene Lösung vereinbart. Dem widersprach die Stadt Hannover: «Unser Einspruch bei der Gema ist erfolglos verlaufen. Wir versuchen derzeit über den Deutschen Städtetag, eine andere Lösung für die großen Weihnachtsmärkte in Deutschland zu finden.»
Sollte sich keine Lösung finden, werde auf den Weihnachtsmärkten wohl Gema-freie Musik gespielt, hieß es aus Hannover. Zu den Gema-freien Werken der Weihnachtsmusik zählen unter anderem Klassiker wie «O du fröhliche», «O Tannenbaum» oder «Jingle Bells».