Lüneburg/Hamburg (epd). Mit der geplanten Reform des Aufenthaltsgesetzes könnten die zivilen Seenotretterinnen und -retter im Mittelmeer kriminalisiert werden. Zu diesem Schluss kommen die Rechtswissenschaftler Professor Valentin Schatz von der Leuphana Universität Lüneburg und Professor Aziz Epik von der Universität Hamburg in einem Rechtsgutachten, wie die Leuphana Universität am Freitag mitteilte. Das Bundesinnenministerium habe vorgeschlagen, die Strafbarkeit auf uneigennützige Hilfeleistung auszuweiten, um so das Einschleusen von Ausländern zu erschweren.
Das Aufenthaltsgesetz stelle bereits jetzt die eigennützige Einschleusung in einen EU- oder Schengen-Staat unter Strafe. Mit der nun vorgesehen Gesetzesreform solle diese Regelung auch auf Fälle uneigennütziger Hilfeleistung ausgedehnt werden. Damit könnte auch die humanitäre Seenotrettung auf den Fluchtrouten im Mittelmeer erfasst sein, warnten die Rechtsexperten. Das Gutachten wurde den Angaben zufolge von der in Berlin ansässigen Organisation «#LeaveNoOneBehind» in Auftrag gegeben.
Bisher sei die Rettung von Menschen und deren Transport in einen sicheren Hafen strafrechtlich betrachtet gerechtfertigt. Die neue Vorschrift könne jedoch dazu führen, dass private Seenotretter künftig in Deutschland strafrechtlich verfolgt und sogar verurteilt werden könnten. Nach Ansicht der Professoren könnte sich dies auf die vor allem aus Deutschland koordinierte zivile Seenotrettung im Mittelmeer abschreckend auswirken.
Bislang gebe es keine tragfähige Begründung für eine Verschärfung, kritisierten die Rechtsexperten. Es bleibe im Dunkeln, welchen legitimen Zweck die neue Strafvorschrift erfüllen solle. Die Professoren Schatz und Epik sprachen sich dafür aus, von der geplanten Ausweitung der Strafbarkeit Abstand zu nehmen. Zumindest sollte aber eine Ausnahmeregelung für die zivile Seenotrettung vorgesehen werden.