Hannover/Oldenburg (epd). Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Bischof Thomas Adomeit, hat Todesdrohungen gegen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Medien scharf kritisiert. «Es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass sich das hasserfüllte Klima, das von einer Minderheit geschürt wird, nicht weiter ausdehnt», sagte der Oldenburger Theologe am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Ein Recherche-Team der ARD hatte über mindestens 250 Aufrufe zur Tötung von Personen aus Politik, Wissenschaft und Medien in den Chat-Räumen des Messenger-Dienstes Telegram allein im vergangenem Jahr berichtet. Seit Anfang November seien lediglich drei Tage verstrichen, an denen «nicht ein Galgen, eine Guillotine oder ein Strick» gefordert worden sei.
Adomeit betonte, das Recht zu demonstrieren sei ein hohes Gut, das auch in Corona-Zeiten erhalten bleibe. «Wenn es allerdings zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, die auch die Polizistinnen und Polizisten gefährden, habe ich dafür überhaupt kein Verständnis. Wenn der Protest dann sogar in Morddrohungen mündet, sind Grenzen überschritten.» Dann müssten Polizei und Staatsanwaltschaft die geltenden Gesetze unbedingt zur Anwendung bringen.
Ein Sprecher der Kirchen ergänzte, dass es in jüngster Zeit keine Morddrohungen gegen kirchenleitende Personen gegeben habe. Allerdings erhielten auch die Kirchen immer wieder E-Mails mit einem kritischen und teilweise beleidigendem Tonfall. Diese Mails kämen häufig nach Äußerungen der Kirchenleitungen zu umstrittenen Themen wie Corona oder der Aufnahme von geflüchteten Menschen. Werde in solchen Mails eine Grenze überschritten, etwa durch antisemitische Hetze, stellten die Kirchen Strafanzeige.
Auch der Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen Landkreistags, Hubert Meyer, warnte davor, solche Einschüchterungsversuche zu verharmlosen. Seit der Ermordung des Hamelner Landrates Rüdiger Butte (SPD) im Jahr 2013 nehme der Landkreistag jegliche Bedrohung von Amtsträgern äußerst ernst. «Wir raten unseren Mitgliedern, Drohungen mit Gewalt nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern unmittelbar die Polizei einzuschalten. In diesen Konstellationen geht es nicht um politische Auseinandersetzung, sondern um kriminelle Energie.»