Hannover (epd). Der Deutsche Kinderschutzbund fordert mehr Mut und Tempo im Kampf gegen Kinderarmut. «Kinder haben Armut nicht gewählt», heißt es in einer Resolution, die von der Mitgliederversammlung des Verbandes am Samstag in Hannover mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Nach Angaben des Verbandes ist jedes fünfte Kind in Deutschland von Kinderarmut betroffen - insgesamt drei Millionen Kinder und Jugendliche.
«Es braucht eine wertschätzende Haltung gegenüber Familien in Not», betonte der Präsident des Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers: «Sanktionsandrohungen und Misstrauen sind der falsche Weg.» Hilfen sollten direkt, unbürokratisch und ohne Stigmata geleistet werden. Zu den «Kinderschutztagen 2021» kamen rund hundert Delegierte des Verbandes im hannoverschen Kongresszentrum zusammen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in einem Grußwort, eines der wichtigsten Vorhaben in den nächsten Jahren müsse die Einführung einer «auskömmlichen Kindergrundsicherung» sein. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) betonte: «Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe. Dieses darf nicht von den finanziellen Mitteln des Elternhauses abhängen.»
In der Resolution fordert der Verband eine Gesamtstrategie gegen Kinderarmut. Nach der UN-Kinderrechtskonvention hätten alle Kinder das Recht auf ein Aufwachsen in sozialer Sicherheit, heißt es darin. Die staatliche Gemeinschaft müsse diese Sicherheit geben können. Deshalb gehörten eine Kindergrundsicherung, die eine Vielzahl von Leistungen aus dem Sozial- und Steuerrecht bündele, sowie ein Investitionspaket zur «Kinder-Infrastruktur» als vorrangige Ziele in den Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung: «Die anhaltend hohe Kinderarmut in unserem reichen Land ist ein unhaltbarer Zustand.»
Die Kinderarmut in Deutschland sei in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich auf 20,5 Prozent gestiegen, kritisieren die Delegierten. Es gebe eine hohe Dunkelziffer von in Armut lebenden Kindern, deren Familien Hilfeleistungen nicht in Anspruch nähmen, obwohl sie dazu berechtigt wären. Die Corona-Pandemie habe die Situation vieler Familien weiter verschärft. Das kindliche Existenzminimum, auf dem die kindbezogenen Leistungen fußten, müsse neu ermittelt werden und den wirklichen Bedarf an Bildung und Teilhabe besser abbilden. Daran müssten auch die Kinder und Jugendlichen selbst beteiligt werden.