Osnabrück (epd). Das Kinderhilfswerk terre des hommes kritisiert eine steigende Zahl minderjähriger Rekruten in Deutschland. Die Bundeswehr habe im vergangenen Jahr 1.773 minderjährige Soldatinnen und Soldaten eingestellt, ein starker Anstieg um 43 Prozent gegenüber 2021 (1.239), teilte die Organisation am Samstag in Osnabrück mit. Das gehe aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine schriftliche Frage des Linken-Abgeordneten Ali Al-Dailami hervor.
Unter den Rekruten seien vergangenes Jahr 327 Mädchen im Alter von 17 Jahren gewesen, hieß es. Fast jeder zehnte neu eingestellte Soldat sei minderjährig gewesen. «Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass die Bundeswehr 2022 fast 1.800 minderjährige Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten rekrutiert hat», sagte Ralf Willinger, Sprecher der Initiative «Unter 18 nie - Keine Minderjährigen in der Bundeswehr». Das sei der Höchstwert der vergangenen fünf Jahre. Dem Bündnis «Unter 18 nie» gehören Hilfsorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften an.
«Es geht hier um 17-jährige Mädchen und Jungen, die bei der Bundeswehr hohen Risiken wie Unfällen, starken psychischen Belastungen und sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind, wie Berichte des Verteidigungsministerium belegen», mahnte Willinger. Er forderte den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf, das Rekrutierungsalter für Soldatinnen und Soldaten auf 18 Jahre anzuheben, «wie es schon über 150 Staaten weltweit getan haben».
Minderjährige Soldatinnen und Soldaten leisten laut Verteidigungsministerium keinen Dienst mit der Waffe und nehmen nicht an Wachdiensten oder Auslandseinsätzen teil. Zudem müssten die Eltern zustimmen, die Bewerber durchliefen ein umfassendes Auswahlverfahren. «Die Einstellungspraxis steht damit vollständig im Einklang mit der UN-Kinderrechtskonvention und ihrem Fakultativprotokoll zur Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten.»