Wiesbaden/Bückeburg (epd). Polizistinnen und Polizisten erleben ihren Dienst immer gefährlicher. Mehr als 84.800 Polizeibeamte sind im vergangenen Jahr gewalttätig angegriffen worden, wie das Bundeskriminalamt (BKA) am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Das seien knapp 4.500 Opfer (sechs Prozent) mehr als im Vorjahr. Die Zahl der registrierten Gewalttaten, die sich häufig gegen eine ganze Polizeistreife richteten, nahm leicht um 325 auf knapp 39.000 zu. Damit haben nach Angaben des BKA die Fall- wie auch die Opferzahl bei der Gewaltkriminalität gegen Polizeibeamte Höchstwerte erreicht. Der evangelische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke mahnte mehr Respekt vor Polizistinnen und Polizisten an.
Besorgniserregend sei vor allem der sprunghafte Anstieg von versuchten und vollendeten Tötungsdelikten gegen Polizisten, teilte das BKA mit. 114 Beamte seien im vergangenen Jahr Opfer solcher Verbrechen geworden, 42 mehr (58 Prozent) als im Vorjahr. Ein Polizist sei ermordet worden, die anderen Tötungsdelikte seien im Versuchsstadium geblieben. Auch seien deutlich mehr Polizisten Opfer von gefährlichen und schweren Körperverletzungsdelikten geworden. Ihre Zahl stieg um 469 auf 2.749, was einer Zunahme um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Zahl der Polizisten, die nach der BKA-Statistik tätlich angegriffen wurden, nahm um zwölf Prozent auf mehr als 29.200 zu.
In elf Bundesländern stiegen die Gewalttaten gegen Polizisten an, in absoluten Zahlen am stärksten in Berlin um 356 Fälle (elf Prozent), relativ am stärksten in Thüringen um knapp 37 Prozent (282 Fälle mehr). Rückläufige Zahlen gab es in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Saarland. Bei der Häufigkeit der registrierten Gewalttaten gegen Polizeibeamte wiesen - wie bereits 2018 und 2019 - die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen die höchsten Belastungen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl auf. Die geringste Belastung gab es in Hessen.
Seit 2012 ist die Zahl der Gewalttaten gegen Polizeibeamte nach der BKA-Statistik um 20 Prozent und die Anzahl der Opfer sogar um 42 Prozent gestiegen. Dieser Trend setzte sich auch 2020 fort, obwohl es aufgrund der Pandemie deutlich weniger Einsätze wegen Großveranstaltungen wie beispielsweise Fußballspiele oder Konzerte gegeben habe.
«Polizisten schützen unsere Freiheit und halten dafür die Knochen hin», sagte Bischof Karl-Hinrich Manzke dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Theologe ist Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die Seelsorge an der Bundespolizei. Polizeibeamte sorgten dafür, dass Menschen für ihre Ziele demonstrieren könnten, und schützten die Rechte der staatlichen Gemeinschaft, betonte Manzke, Bischof der schaumburg-lippischen Landeskirche mit Sitz in Bückeburg. «Mir ist keine zweite Berufsgruppe bekannt, die dafür mit ihrer ganzen Persönlichkeit einsteht. Wir sollten den Respekt vor ihnen bewahren oder erneuern. Und wo er ins Rutschen gekommen ist, wieder neu aufbauen.»
Die Pfarrerinnen und Pfarrer der Polizeiseelsorge seien von der Bundespolizei angefragt, die Beamten für brenzlige Situationen vorzubereiten, berichtete Manzke. In Teams übten sie mit den Polizisten, bei Beleidigungen und Beschimpfungen die Ruhe zu bewahren und sich nicht provozieren zu lassen. «Das kann man präventiv trainieren.» Durch verbale Kontaktaufnahme könnten sie in solchen Situationen deeskalieren und dem Gegenüber auch Grenzen aufzeigen.