Bremen (epd). Der Generalsekretär der Deutschen Seemannsmission, Pastor Matthias Ristau, hat vor einem «Wettbewerb nach unten» in der globalen Schifffahrt gewarnt. Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen an Bord, den Klimaschutz auf den Weltmeeren und der sozialen Dimension der Lieferketten sei noch «einiges an Luft nach oben», sagte der leitende evangelische Theologe am Donnerstagabend in Bremen bei einer Podiumsdiskussion im Vorfeld der Nationalen Maritimen Konferenz, die in der kommenden Woche in der Hansestadt zusammenkommt.
«An den internationalen Standards muss etwas verbessert werden», sagte Ristau im Bremer Übersee-Museum. Zwar seien mit dem internationalen Seearbeitsübereinkommen «Maritime Labour Convention» (MLC) weltweit wichtige Mindeststandards gesetzt worden. Doch in der Praxis reichten an Bord vielfach die Ruhezeiten nicht aus, Landgang werde oft nicht ermöglicht und auch am Klimaschutz etwa über saubere Antriebe müsse sich noch viel ändern, gab Ristau Beispiele und ergänzte: «Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig die Meere sind und die Menschen, die darauf arbeiten.»
Auch der Koordinator der Bundesregierung für maritime Wirtschaft, Dieter Janecek (Grüne), sah in der maritimen Branche noch «Luft nach oben». «Es geht erstmal darum, gute Beschäftigungsbedingungen zu halten oder zu schaffen, dass die Leute Lust haben, in der maritimen Wirtschaft zu arbeiten.» Denn die Branche, so seine Einschätzung, biete viele Chancen und habe «eine große Zukunft». Die Häfen seien schon jetzt zentrale Energie- und Waren-Drehkreuze.
Die Leitfrage der Podiumsdiskussion «Sind wir seeblind?» beantwortete der Bremerhavener SPD-Bundestagsabgeordnete Uwe Schmidt, Lotse der «Küstengang» bei den Sozialdemokraten, mit «Ja, sind wir». Der globale Wettbewerb dürfe nicht zu Lasten der Beschäftigungsverhältnisse gehen, unterstützte er Ristau. Er forderte den Bund auf, mehr Verantwortung für die Ausfinanzierung der maritimen Infrastruktur zu übernehmen.
Der Projektkoordinator der Bremer Organisation «Fair Oceans», Kai Kaschinski, verwies darauf, dass mehr als 90 Prozent des internationalen Warenverkehrs über die Ozeane und Meere laufen. «Werden der Schiffsverkehr und die maritime Logistik jedoch ausgeblendet, so geschieht dies gleichermaßen mit den Seeleuten und all den Beschäftigten in den Häfen, die dieses globale Transportnetz am Laufen halten, als auch mit den gesellschaftlichen Folgekosten, welche die Schifffahrt mit sich bringt. Die öffentliche Debatte wird seeblind.»
Zur 13. Nationalen Maritimen Konferenz am 14. und 15. September unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werden etwa 800 Teilnehmende in Bremen erwartet. Unter dem Motto «Standort stärken. Klima schützen. Zukunft gestalten» sollen zentrale Fragen der maritimen Branche diskutiert werden, laut Janecek in einem eigenen Panel auch Beschäftigung und Ausbildung.