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Fahrgastverband Pro Bahn pocht auf Barrierefreiheit in vollen Zügen

 

Das Neun-Euro-Ticket sorgt zum Pfingstwochenende weiter für Gesprächsstoff. Während die Verkehrsunternehmen einen ersten Stresstest überstehen müssen, suchen Sozialverbände nach langfristigen Alternativen, Fahrgastvertreter fordern Rücksichtnahme.

 

Hannover/Köln (epd). Der Armutsforscher Christoph Butterwegge sieht das 9-Euro-Ticket als «soziales Trostpflaster» für arme Menschen.

 


Reiche Menschen profitierten weitaus mehr vom Tankrabatt im Entlastungspaket der Bundesregierung, sagte der emeritierte Professor für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zuvor hatte schon die Niedersächsische Landesarmutskonferenz gewarnt, das Ticket könnte arme Menschen noch mehr von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließen.

 

Insgesamt sei das 9-Euro-Ticket ein guter und richtiger Schritt, betonten Butterwegge und Landesarmutskonferenz gleichermaßen. Besonders für Arme überwögen die Vorteile. Um diesen Menschen auch soziale Beteiligung wie Ausflüge oder Urlaube zu ermöglichen, reiche das Ticket allerdings nicht aus, warnte Butterwegge. Der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze, ergänzte, das Ticket führe armen Menschen unangenehm vor Augen, dass sie allein damit keine Ausflüge oder Partys bezahlen könnten. «Soziale Teilhabe heißt nicht nur Mobilität, sondern sich auch mal ein Stück Kuchen oder einen Besuch im Theater leisten zu können.»

 

Gleitze betonte, um armen Menschen langfristig mehr Mobilität zu ermöglichen, sei es wichtig, auch die Verkehrsinfrastruktur auszubauen. Besser als zeitlich begrenzte 9-Euro-Tickets seien für sie dauerhaft kostenlose öffentliche Verkehrsmittel. Butterwegge erläuterte, ein besser ausgebauter und kostenloser Nahverkehr, könnte sich etwa über eine Nahverkehrsabgabe der Unternehmen für ihre Beschäftigten und hohe Parkgebühren wie in Wien finanzieren: «Ein solches Kollektivsystem wäre effektiver, klimafreundlicher und sozialer.»

 

Unterdessen hat der Fahrgastverband Pro Bahn zum Pfingstwochenende angemahnt, Rollstuhlfahrer bei vollen Zügen nicht zu benachteiligen. «Wichtig ist, dass an Tagen mit vollen Zügen die Barrierefreiheit geachtet wird», sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland» (Samstag). «Es darf nicht sein, dass Rollstuhlfahrer am Wochenende nicht in die Züge kommen, weil zu viele Menschen damit fahren und beispielsweise ihre Fahrräder dabeihaben.»

 

Nach Angaben der Landesarmutskonferenz sind 1,3 Millionen Menschen in Niedersachsen arm, verdienen also weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Bundesweit hatten allein im Vorverkauf sieben Millionen Menschen ein 9-Euro-Ticket für den Juni erworben. In Niedersachsen erwarben bis Donnerstagmittag allein im Verkehrsverbund der Region Hannover 166.000 Menschen den Fahrschein.