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Göttingen (epd). Die Bauernproteste sind nach Auffassung des Agrarexperten Wolfgang Reimer nachvollziehbar. Die geplanten Kürzungen bei der Agrardieselsubvention träfen die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen überproportional, sagte der Agraringenieur dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Nicht die wirtschaftliche Not treibt die Bauern auf die Straße, sondern das Empfinden, dass es ungerecht ist, wenn bei einer Branche richtig zugepackt wird und die anderen wieder verschont werden», betonte Reimer, der Vorsitzender der Agrarsozialen Gesellschaft in Göttingen ist.

 

 

 

Damit werde der Grundgedanke des Umweltbundesamtes, alle umweltschädlichen Subventionen langsam abzubauen, konterkariert, kritisierte Reimer, der zwischen 2016 und 2021 Stuttgarter Regierungspräsident war. Allerdings sei das Argument der Landwirte verkürzt, die durch die Pläne ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Markt bedroht sehen. «Dabei müssen alle Faktoren berücksichtigt werden, also auch die hohe Investitionsförderung in Deutschland und die sogenannte Bauernmilliarde, mit der in den letzten Jahren der Kauf von landwirtschaftlichen Geräten unterstützt wurde.»

 

 

 

Hintergrund der Proteste sei vor allem ein Kampf um Anerkennung, betonte Reimer. Landwirte hätten häufig das Gefühl, von den Städtern, die eigentlich keine Ahnung haben, Vorschriften zur Tierhaltung oder zum Düngen zu bekommen. «Da sind ganz viele kulturelle Konflikte, die im Hintergrund mitschwingen.» Als Lösung schlage er anstelle der gesamten Streichung der Agrardieselsubvention im Jahr 2026 die Einführung einer Kappungsgrenze vor. So könnten alle Betriebe eine bestimmte Zuschusshöhe, beispielsweise bis zu 10.000 Euro, bekommen.

 

 

 

Die Agrarsoziale Gesellschaft wurde 1947 mit dem Ziel gegründet, sich für die Verbesserung der Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen und in der Landwirtschaft einzusetzen. In ihrer Arbeit verknüpft sie bundesweit unter anderem wissenschaftliche Forschung, Gutachtertätigkeit und Weiterbildung und versteht sich als Meinungs- und Diskussionsforum.