Postsowjetische Migration, Eine Einführung, Jannis Panagiotidis, Weinheim Basel 2021
Jannis Panagiotidis bietet Darstellungen über Erfahrungswissen und Lebensstile von Personen mit Herkunft aus ehemaligen Gebieten der Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten an. Sie beinhalten schon seit Generationen das, was man mit Interkultureller Theologie umschreiben kann. Aussiedler und Aussiedlerinnen verfügen über einen Wissensfundus an gelebter Minorität und Säkularität, Interreligiösität und kirchlicher Diversität, der weit über das gängige Kirchenbild der EKD hinausweist. Dazu gehören gesonderte Narrative sozialen und religiösen Verhaltens zwischen Hybridität und Mimikry. Das inhaltliche Gewicht des Buches liegt erstens darauf, die besonderen Entfaltungsmöglichkeiten der russlanddeutschen Bevölkerung von ihren (post-)kolonialen und Migrationserfahrungen her kontextualisiert zu entdecken.
Zweitens eröffnet es weiterführend Fragen nach gemeinsinnigen Eindrücken und theologischen Bewertungen Russlanddeutscher bezüglich dessen, was für sie Kirche ausmacht. Drittens verweist es auf deren sozialen und religiösen Umgang mit offenen säkularen Situationen und auf den einhergehenden ständigen Erwerb angemessener Weltgestaltung mit wandelnden Passungsverhältnissen. Das Buch führt gut nachvollziehbar in dieses Wissen soziologisch ein und erlaubt eigenständige Zuordnungen in die Aussiedlerarbeit vor Ort.